In einem Leserbrief reagiert Michael Böhnke auf den Beitrag von Christian Bauer: „Gott ist mehr als Religion. Theologie in zunehmende säkularen Zeiten.“
Natürlich fehlt etwas, wenn Gott fehlt. Wenn Gott fehlt, fehlt die Geschäftsgrundlage für das pastorale Handeln der Kirche. Die anthropologische Wende ging mit dem Versprechen einher, dass die Menschen eine natürliche Sehnsucht nach Gott hätten. Deshalb hat man ihr kirchenintern vertraut. Dieses Versprechen ist an der sozialen Wirklichkeit gescheitert. Wenn Menschen keine natürliche Sehnsucht nach Gott haben, wenn sie Gott nicht suchen, fehlt ihnen nichts, wenn Gott fehlt. Da hat Loffeld recht.
Aber stimmt das Paradigma? Ich jedenfalls würde in Bezug auf Gott eher von einem Wahrnehmungsdefizit als von einer fehlenden Sehnsucht ausgehen. Mit dem Sehnsuchtsparadigma ist Gott ins Innere der Menschen verbannt worden, und der Glaube an ihn ist in der Innerlichkeit verdunstet. In der äußeren, sozialen Wirklichkeit wird der Geist Gottes nicht mehr wahrgenommen, nicht mehr in der für das menschliche Handeln unerlässlichen Inanspruchnahme des Vertrauens, nicht mehr in der situativen Zuwendung zu anderen, nicht mehr in Gesten der Freundschaft und solidarischen wie friedensstiftenden Verhaltensweisen. Spurensuche Gottes statt Verkirchlichung des Glaubens! Verwirklichung statt Verkirchlichung!
Manès Sperber hat 1953 den bewegenden Satz geschrieben: Es geht „weniger um die unbrechbare Hoffnung als um die kategorische Zurückweisung der Mutlosigkeit und somit den Widerstand gegen die Resignation“. Das scheint mir heute aktueller denn je. Der einzige Weg, ein echter Christ zu sein, ist, sich wie einer zu verhalten.“